zu Sibylle Hoesslers Arbeit ALBUM
Christina von Wendenburg

Die Auseinandersetzung mit anonymen Familienalben gipfelt bei Sibylle Hoessler in der Montage ihres eigenen, als Prototyp verhüllten Gesichts, das sämtliche Generationen und Zeitebenen überspringt, um sich selbstverständlich in Vorgefundenes einzufügen und somit Identitäten neu zu definieren.

Unter dem Titel "Album" entstand eine Serie von Porträt-Montagen die sich ihren stilisierten, festgefügten Familienhierarchien absurd entziehen. Der konkrete Körper gerät in seiner erstarrten Mimik und Gestik durch den aufmontierten verhüllten Kopf zu einem nomadischen Individuum. Lediglich die Hülle des Körpers – kurzzeitig definiert durch inszenierte soziale Attribute und Interieurs - großbürgerliche Salons einerseits oder kleinbürgerliche Landschafts- und Wohnzimmeridyllen andererseits – wird in ihrer Statik demaskiert.

Statt Persönlichkeiten und Identitäten erleben wir stilisierte Haltungen und Gesten, die ursprünglich zwar in gesellschaftlichen Bindungen standen – sich jedoch dem Betrachter als anonyme Statisten ihrer selbst offenbaren.
Zwischen Ewigkeit und Augenblick, zwischen Beseeltem und Unbeseeltem, zwischen Versteinerung und Belebung
sind die Fotomontagen Sibylle Hoesslers Erscheinungen, die mit den Spuren der Zeit arbeiten, sie aber gleichzeitig auslöschen:
Nachbilder zwischen Vergangenem und Gegenwärtigem.

Der Sehnsucht des Porträtierten nach bleibender Überlieferung für die Nachwelt und Überbrückung der eigenen Vergänglichkeit setzt die Fotografin die seltsam verschleierte Aura des verlorenen Augenblicks entgegen.

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